Josef Werner hat mit seinem Buch Fantasy in reality ein wunderschönes Buch, fast möchte man sagen: ein Bilderbuch, vorgelegt. Alle 240 Exlibris, die er in den letzten 21 Jahren geschaffen hat, sind farbig und in guter Qualität abgebildet und leuchten die Betrachter und Betrachterinnen schon beim Blättern im Buch buchstäblich an; das Rot fehlt fast nie dabei. So wird ein Gesamtwerk sichtbar, dessen Grafiken mit wenigen geometrischen Formen und Linien auskommt: mit einem oder zwei Strichen, einem oder zwei Dreiecken, Vierecken, einem oder zwei Kreisen, meistens ergänzt durch konkrete Bestandteile der Realität: da ein Apfel, dort ein Baum, ein Herz, ein Haus, ein Tier, eine Flasche, eine nackte oder bekleidete menschliche oder an Menschen orientierte Figur. Die meist kleinen, manchmal aber auch fast bildfüllenden großen figuralen Elemente und die einfachen geometrischen Formen verbinden sich durch die Linien und geometrischen Formen oft wie zufällig zu Gestalten, die an Stockpuppen erinnern, die in einer teils realen und teils surrealen Welt seltsame Geschichten erleben. Manche dieser Geschichten erschließen sich schnell, andere kaum, aber jede(r) kann etwas dazu sagen, darin entdecken, wenn er dazu bereit ist. Und jede(r) hat Freude daran wie an einem Kinderbuch, einem Bilderbuch eben, und fühlt sich ein wenig weniger beschwert von allem, wenn er/sie beim Betrachten einfach den eigenen Assoziationen freien Lauf gelassen hat.
Werners Art, Exlibris zu schaffen, gipfelt meiner Meinung nach immer mit einem Blatt, das man selbst bei einem flüchtigen Durchstöbern eines Ordners als „einen Werner“ identifiziert. Seine Kunst, Fantasy in Reality zu entdecken und sichtbar werden zu lassen und die Realität dabei weniger schwer, weniger bedrückend zu machen, ist sicherlich sein Alleinstellungs-merkmal.
Gelernt hat Josef Werner dabei sicherlich nicht nur durch die Vertrautheit mit surrealistischer Kunst, sondern genauso durch die Beschäftigung mit Litera-tur. Vor allem Christian Morgenstern spielt eine große Rolle: so sind 24 sei-ner Gedichte auf Exlibris von Josef Werner zum Thema geworden. Dabei kann man kaum von Illustrationen sprechen, vielmehr spürt Werner Morgen-
sterns geniale semantische Wort-Spielereien oder Wortschöpfungen auf und setzt sie adäquat und selbstbewusst ins Bild. Auf Werners Exlibris für Ottmar Premstaller (Opus 45) geht es um eines der bekanntesten Gedichte Morgen-sterns, das Gruselett. Die vier Substantive, in jedem der 4 Verse eines, lauten: Flügelflagel, Wiruwaruwolz, Fingur und Golz, und was sie tun, ist: gaustern, plaustern und gutzen. Ich bin sicher, dass allein diese sieben Wörter, verbun-den mit der Überschrift, in Ihnen ein buntes Bild von einer skurrilen Welt haben entstehen lassen; es wird anders sein als das des Künstlers Josef Werner, aber auch durch dessen Bild wird Ihnen die weitere eigene, Ihrer Phantasie folgende Konkretisierung der geheimnisvollen Szene nicht ver-sperrt werden. D. h., dass Werner nach seiner eigenen In-Szene-Setzung seiner Transformation von Wort ins Bild die Phantasie der Betrachter nicht zum Abschluss bringen, sondern sogar weiterhin anregen möchte. Ich mochte dieses Exlibris von Anfang an, aber mein eigener Flügelflagel flattert nach dem kurzen Ausflug ins Werner’sche Wiruwaruwolz weiterhin im Nacht-dunkel. Und so bekomme ich von Werner nicht einfach etwas abschließend zu Ende erzählt, sondern kann weiterhin selbst weitererzählen. – Das eben kurz angesprochene Blatt entstammt einer früheren Schaffensphase; im weiteren Verlauf werden die Blätter komplexer, figurenreicher, oft kommt es zu einer spannenden Begegnung zweier dieser typischen Werner`schen Figu-ren, in deren Dialog man sich gerne einmischen möchte.
In seinem Vorwort Fantasievolles (Welt-) Theater zwischen Bibel und Beckett – Das poetisch surreale Exlibris-Werk Josef Werners würdigt Henry Tauber das Exlibriswerk des Künstlers und deutet exemplarisch ein solches Exlibris für Laura Liu (0pus 160) und führt weitere häufige literarische, mythologi-sche, biblische, künstlerische und musikalische Quellen an, die Werners Kunst bereichert haben und mit denen er sich immer wieder auseinander-setzt und die zitiert werden.
Taubers differenziertes Vorwort ist auch ins Englische übertragen worden, dies gilt leider nicht für das tschechische Vorwort von Karel Žižkovský.
Eine vollständige Opus-Liste (mit Angabe der jeweiligen Eigner, des Themas, der angewandten Technik(en) – fast immer C3 + C4 + C5/2 – sowie der Grö-ße), eine alphabetische Eignerliste, eine Auflistung der seit 2007 auf Wett-bewerben erhaltenen Preise – wobei die letzte von der DEG in diesem Jahr schon nicht mehr aufgenommen werden konnte, eine Liste der Ausstellun-gen und Ausstellungsbeteiligungen sowie ein kurzer Lebens- und Tätigkeits-bericht schließen mit 15 informativen Seiten (Seite 162-177) das Buch ab.
Josef Werner: Fantasy in Reality – Exlibris, Vorwort: Henry Tauber, Karel Žižkovský. X2015 (2023).
ISBN 978-80-906069-7-5
Katalog: 25 € plus Versand
Katalog+Originalgrafik: 50 € plus Versand
(Ulrike Ladnar)